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Bestehende Arbeitsplätze sichern, neue schaffen!

 

Auch wenn Waffenexporte für die Volkswirtschaft als Ganzes marginal sind: Hinter jedem gefährdeten Arbeitsplatz verbirgt sich ein Schicksal. Deshalb fordert unsere Volksinitiative, dass der Bund die vom Exportverbot betroffenen Regionen und Beschäftigten während zehn Jahren mit gezielten Massnahmen bei der Umstellung auf zivile Produkte unterstützt. Diese Unterstützung soll es den betroffenen Beschäftigten und Unternehmen erlauben, sich erfolgreich einen Platz in zivilen Märkten zu positionieren, anstatt am Tropf von staatlichen Rüstungsausgaben zu hängen.

 

Wie viele Personen arbeiten in der Rüstungsexportindustrie?

Gemäss einer Studie des Bundes beschäftigt die Schweizer Rüstungexportsindustrie direkt 3’335 Personen, zusätzlich schafft die Branche 1’797 Arbeitsplätze bei Zulieferfirmen. Das sind halb so viele Beschäftigte wie im Schweizer Bergbau. Oder die Hälfte der Anzahl Beschäftigten im Berner Inselspital. Die Waffenexportindustrie ist für weniger als 0.1% der Wertschöpfung in unserem Land verantwortlich – das ist vergleichbar viel wie die Gesamtheit aller Holzfenster produzierenden Betriebe. Selbst die «Schweizerische Gesellschaft Technik und Armee» – eines der wichtigsten Foren der Schweizer Rüstungsindustrie – schrieb letzten Herbst in einer Pressemitteilung: «Aus wirtschaftspolitischer Sicht sind die Kriegsmaterialausfuhren [...] bedeutungslos.»

Es sind vier Firmen, welche die Branche dominieren: Rheinmetall Air Defence (die frühere Oerlikon Contraves), die Mowag, die Ruag und die Pilatus Flugzeugwerke. Diese Unternehmen sind zusammen für etwa drei Viertel der Rüstungsausfuhren verantwortlich. Entsprechend wenige Regionen wären von einem Verbot von Kriegsmaterial-Exporten betroffen (siehe Karte).

Wie die Rüstungsexportfirmen sich umorientieren können

Eine Studie des Bundesamtes für Energie hat gezeigt, dass in der Schweiz mit relativ bescheidenen Investitionen rund 63'000 Arbeitsplätze in den Bereichen der erneuerbaren Energien und Energieeffizient geschaffen werden könnten. Das Schlagwort Green New Deal ist in aller Munde. Unsere Initiative könnte ein erster Anlauf in diese Richtung sein.

Dass eine Umstellung von militärischer auf zivile Produktion möglich und sehr erfolgreich sein kann haben schon viele Betriebe beweisen – auch in der Schweiz. So stellt beispielsweise die SIG in Neuhausen heute anstatt Sturmgewehre Hightech-Verpackungsmaschinen her.

Auch bei der Ruag sind heute nur noch etwa 15% der Angestellten im Bereich der Waffenexporte tätig. Die Ruag hat in den letzten Jahren ihre industriellen Fähigkeiten in Bereichen wie der Recycling-Technologie und dem zivilen Flugzeugbau bemerkenswert steigern können. Als Besitzer der Ruag hätte der Bund weitreichende Möglichkeiten, auch die verbleibenden 15% Waffenexport noch durch sinnvollere Tätigkeiten zu ersetzen. Im Bereich der grünen Technologien liegt bei der Ruag nach wie vor grosses Potential brach. Durch die Auswahl der Kompensationsgeschäfte, welche jeweils bei Rüstungskäufen im Ausland anfallen, kann der Bund die Aufträge an die Ruag zusätzlich massgeblich steuern. Anstatt noch tödlicherer Munition könnte die Ruag beispielsweise effizientere Solarkollektoren entwickeln.

Wie die Ruag haben auch die Pilatuswerke ein sehr erfolgreiches ziviles Standbein. Der Verkauf von PC-12-Geschäftsflugzeugen ist gemäss der Neuen Zürcher Zeitung auf Rekordkurs. Die Turboprop-Maschinen von Pilatus sind im Betrieb viel günstiger als düsengetriebene Businessjets, was gerade in der Wirtschaftskrise ein schlagendes Verkaufsargument ist. Bereits im letztjährigen Geschäftsbericht teilten die Pilatuswerke mit, dass es ihnen an Personal mangle, um alle Aufträge in diesem Bereich fristgerecht ausführen zu können. Dem gegenüber ist der Verkauf von Pilatus-Militärflugzeugen auch ohne unsere Initiative schwer ins Stocken geraten.

Die Mowag könnte sich zum Ziel setzen, wieder Krankenwagen und Feuerwehrautos herzustellen, wie bis vor wenigen Jahren, anstatt Radschützenpanzer für Afghanistan zu liefern. Der Thurgauer Fahrzeughersteller könnte sich auch im Zugsbau neue Felder erschliessen. Die Stadler Rail von Nationalrat Spuhler im benachbarten Bussnang ist trotz Krise in ganz Europa auf der Suche nach Ingenieuren und Technikerinnen, um die steigende Nachfrage nach Schienenfahrzeugen zu befriedigen. Eisenbahnwagons statt Schützenpanzer hiesse das Motto!

FLIRT von Stadler Rail

 

Die Kosten der Initiative – und die Kosten der Rüstungsindustrie

Die Studie das Bundesrates geht davon aus, dass die Initiative Kosten in der Höhe von 83 Mio. Franken im ersten Jahr nach Annahme der Initiative habe würde, zwei Jahre später noch 33 Mio. Franken. Darin eingerechnet sind Umschulungsmassnahmen, Steuerausfälle, Kompensation von Lohnausfällen, etc. Was ausserdem gerne vergessen wird: Die Kriegsmaterialexport-Industrie selbst verursacht auch hohe finanzielle Kosten für die SteuerzahlerInnen. Die Waffenindustrie wird mit allerlei direkten und indirekten Subventionen gehätschelt. Dies geschieht auf diverse Arten:  

  • Unsinnige Beschaffungen für die Armee zu überhöhten Preisen, um die Schweizer Waffenindustrie zu fördern.

  • Kompensationsgeschäfte, welche der Rüstungsindustrie zugehalten werden. Dadurch verteuern sich Rüstungsbeschaffungen um rund 10%. Jedes Jahr lenkt die Schweiz damit Millionen in die Taschen der Rüstungsindustrie.

  • Forschungsgelder für Rüstungstechnologien

  • Exportrisikogarantien.

  • Bereitstellen des Militärattaché-Netzes für das Marketing der Schweizer Rüstungsindustrie im Ausland.

Alles in allem dürften die SteuerzahlerInnen mit einer Annahme der Initiative mehr Geld sparen als für den Umbau der Waffenindustrie zu zivilen Produktionsstätten investiert werden müsste. 

Wie die Rüstungsindustrie unnötige Ängste schürt

Die Rüstungspropaganda behauptet, dass aufgrund von Skaleneffekten mehr als doppelt so viele Stellen betroffen seien. Das ist absurd: Wo sollen beispielsweise die 100% Skaleneffekte bei der Rheinmetall / Oerlikon Contraves versteckt sein, welche Flabkanonen und Munition fast ausschliesslich für den Export produziert? 

Der asuw, eine Frontorganisation der PR Agentur Farner, versucht in ihren Publikationen die Unterscheidung zwischen Dual-Use Güttern und besonderen militärischen Gütern bewusst zu verwischen und entsprechende Unsicherheit zu säen. Farner weiss jedoch selbst bestens, dass derartige Befürchtungen nicht angebracht sind. Für Produzenten von zivilen und Dual-Use Güttern ändert sich mit der Annahme der Initiative nichts, denn durch den Initiativtext ist klar definiert, welche Güter von der Initiative betroffen sind und welche nicht: Was auch zivil genutzt werden kann, ist nicht vom Exportverbot betroffen.

Eine moralische Frage

Letztendlich läuft die Diskussion jedoch auf eine einzige Frage hinaus: Muss man jeden Wirtschaftszweig fördern, der Arbeitsplätze schafft? Auch mit Glücksspiel und der Herstellung von Nuklertechnologie für Diktatoren würden sich Tausende von Arbeitsplätzen schaffen lassen. Beides ist jedoch verboten, weil es die Mehrheit der Bevölkerung für moralisch verwerflich hält. Genauso wie den Verkauf von Waffen, mit denen unschuldige Menschen getötet werden.

Die Bankenkrise sollte uns gelehrt haben: Wer die Wirtschaft zur ethikfreien Zone erklärt, ist nicht nur moralisch korrumpiert, sondern langfristig auch wirtschaftlich nicht erfolgreich.